>An Anna Blume(immer wieder für meine Tochter Nr. 1, ihre Mutter und ihre Großeltern! In Dankbarkeit!)

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O du Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe
dir – du deiner dich dir, ich dir, du mir,
– Wir?
Das gehört (beiläufig) nicht hierher.
Wer bist du, umgewühltes Frauenzimmer?
Du bist – – bist du? Die Leute sagen,
du wärest. – Laß sie sagen, sie wissen
nicht, wie der Kirchturm steht. Du trägst
den Hut auf deinen Füßen und wanderst
auf die Hände, auf den Händen wanderst du.
Halloh deine roten Kleider in weiße Falten
zersägt, rot liebe ich Anna Blume, rot liebe
ich dir. – Du deiner dich dir, ich dir, du
mir – Wir?
Das gehört (beiläufig) wohl hierher.
Rote Blume, rote Anna, wie sagen die Leute?
“Du wärest?” – Preisfrage:
1. Anna Blume hat ein Vogel.
2. Anna Blume ist rot.
3. Welche Farbe hat der Vogel.
Blau ist die Farbe seines gelben Haares.
Rot ist das Girren deines grünen Vogels.
Du schlichtes Mädchen im Alltagskleid, du
liebes grünes Tier, ich liebe dir. – Du
deiner dich dir, ich dir, du mir – Wir?
Das gehört (beiläufig) in die kalte Glut.
Anna Blume, Anna, A-N-N-A, ich kaue
deinen Namen. Wenn ich dich kaue, über-
quellen meine 27 Sinne. Dein Name tropft
wie weiches Rindertalg. Weißt du es
Anna, weißt du es?
So wisse: Man kann dich auch von hinten
lesen, und Du, du herrlichste von allen,
du bist von hinten wie von vorne: A-N-N-A.
Du deiner dich dir, ich dir, du mir – Wir?
Das gehört (beiläufig) in die Glutenkiste.
Rindertalg träufelt streicheln über meinen
Rücken. Anna Blume, du tropfe
s Tier, ich
liebe deine Einfalt, ich liebe dir! 



Erschienen in “Der Sturm”, XIII, 12 (März 1922), S. 176.
Zitiert nach Friedhelm Lach (Hg.): Kurt Schwitters. 

Das literarische Werk. Bde 1 – 5. DuMont Buchverlag Köln 1974 – 1988.
Bd. 1. Köln 1988. S. 292