>Taras neue Schuhe

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Tara wollte neue Sneakers,
es mussten natürlich Converse All Stars sein.
Dann sind wir aber am Heimweg bei GEA, Lange Gasse vorbei  und haben den G 10 Twiga* entdeckt und gleich gekauft!
Zu Hause hab ich Tara dann gezeigt, warum ich keine Converse All Stars kaufen wollte:

Arbeitsbedingungen in Indonesien
Im Juli 2011 berichteten die Medien von Misshandlungen von Arbeitern in Indonesien, die Converse-Schuhe herstellten. Die vorwiegend weiblichen Mitarbeiter verdienten etwa € 0,36 pro Stunde und erklärten, dass Beschwerden aufgrund der gewaltsamen Misshandlungen zur Entlassung führten. Converse wurde vom Sportartikelhersteller Nike übernommen, der sich in der Vergangenheit schon öfter ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt sah.

bdw.: Im Original sehen diese Schuhe wirklich viel besser aus als auf dem Foto auf GEA.at.
Und das, was da wie Stoff aussieht, ist natürlich feinstes Leder.

>Wie lange hält die Demokratie das aus?

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Wer zahlt die Krise?
Autorin: Nina Horaczek (Falter 15/2012)
Proteste, wohin man in Europa blickt: in Großbritannien gegen die geplanten Privatisierungen, in Italien gegen ein neues Arbeitsgesetz, das Kündigungen erleichtern soll
Förderungen kürzen, Unterstützungen streichen, Arbeitsgesetze aufweichen und Staatseigentum privatisieren. So lautet die europäische Antwort auf die Wirtschaftskrise – bisher mit wenig Erfolg.
Vier Jahre nach Ausbruch der Krise ist die Zahl der Arbeitslosen in Europa um neun Millionen auf 25 Millionen gestiegen. Die Kosten der Wirtschaftskrise tragen fast ausschließlich die ärmeren EU-Bürger und der Mittelstand. Eine Auswahl:
Spanien
:: Wer heute in Spanien überleben will, muss feilschen. Weil kaum einer noch Geld zur Verfügung hat, handeln die Menschen immer häufiger in Naturalien. Nirgendwo in Europa gibt es – zumindest offiziell – mehr Arbeitslose. 23,6 Prozent waren im März ohne Job, jeder zweite Jugendliche findet keinen Arbeitsplatz.
Dabei zählen die Spanier mit einer Akademikerquote von 30 Prozent zu den am besten ausgebildeten Europäern. Wer eine Arbeit hat, weiß oft nicht, wie lange noch. 25 Prozent aller Beschäftigten haben bloß befristete Arbeitsverträge. Die Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy von der Spanischen Volkspartei hat Langzeitarbeitslosen die staatliche Unterstützung gestrichen. 1,6 Millionen Arbeitslose kriegen derzeit vom Staat keinen einzigen Cent. Etwa eine Million Spanier können die Raten für ihre Wohnungskredite nicht mehr bezahlen. Voriges Jahr wurden deshalb täglich bis zu 170 Hausbesitzer von ihrer Bank vor die Tür gesetzt.
Ein neues Arbeitsgesetzpaket sieht vor, dass befristete Verträge höchstens für zwei Jahre verlängert werden dürfen. Allerdings wird auch der restriktive Kündigungsschutz gelockert, die Abfertigungen werden gesenkt und die Geltung von Tarifverträgen wird eingeschränkt. Lehrer müssen statt 18 bald 20 Stunden unterrichten, andere Angestellte im öffentlichen Dienst sollen statt 35 künftig 37,5 Stunden arbeiten. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit möchte Rajoy „Minijobs“ für einen Lohn von 400 Euro im Monat einführen.
Außerdem herrscht ein eiserner Sparkurs: Alle Ministerien müssen ihre Budgets um 16,9 Prozent kürzen, die Filmindustrie verliert ein Drittel ihrer Fördergelder, auch staatliche Theater und Museen haben weniger Budget. Die Regierung will zur Sanierung der Finanzen auch 24 Staatsbetriebe verkaufen.
In den Provinzen ist das große Sparen besonders stark zu spüren. So mussten Anfang des Jahres 98 Frauenhäuser wegen mangelnder Finanzierung zusperren.
Griechenland
:: Er wolle nicht im Müll nach Essen suchen, schrieb der 77-jährige Pensionist in seinem Abschiedsbrief. Dann schoss er sich im Zentrum von Athen eine Kugel in den Kopf.
Nirgendwo in Europa ist die Depression derart massiv zu spüren wie in Griechenland. In den vergangenen drei Jahren stieg die Selbstmordrate um mehr als 20 Prozent. Nicht nur die Armen sind von den Sparmaßnahmen der Regierung betroffen. Der gesamte Mittelstand droht zu verelenden.
Dreimal wurden seit 2011 die Pensionen gekürzt, zuletzt um 30 Prozent. In manchen Städten sammeln die Bürgermeister Lebensmittelkonserven, um sie an die Hungernden zu verteilen. Der Mindestlohn, der vor der Krise 876 Euro betrug, liegt heute bei 586 Euro, das Arbeitslosengeld sank von 461 auf 322 Euro und wird nur ein Jahr lang ausbezahlt. Danach muss jeder selbst schauen, wie er überlebt.
Selbst in der Privatwirtschaft hat die konservative Regierung unter Loukas Papademos, dem früheren Vizedirektor der Europäischen Zentralbank, einen Lohnstopp erlassen. Erst wenn die Arbeitslosigkeit von derzeit 21 auf zehn Prozent sinkt, dürfen die Löhne steigen. Das wird dauern, schließlich möchte die Regierung bis 2015 zumindest 150.000 Beamte des aufgeblähten Staatsapparates entlassen.
Das Finanzministerium kassiert mittlerweile die Steuern mit der Stromrechnung. Wer nicht zahlen kann, sitzt im Dunkeln. In der Hauptstadt Athen gibt es heute um 20 Prozent mehr Obdachlose als vor einem Jahr, die griechisch-orthodoxe Kirche verteilt in ihren Suppenküchen täglich 250.000 Gratismahlzeiten im ganzen Land. Weil immer häufiger unterernährte Kinder im Unterricht in Ohnmacht fielen, planen die Schulen, kostenlose Mittagessen auszugeben. Selbst ein Arztbesuch ist für viele Griechen mittlerweile ein Luxus. Vor den zwei Krankenhäusern von Ärzte ohne Grenzen in Athen, die eigentlich für illegale Bootsflüchtlinge gedacht waren, stellen sich jeden Tag bis zu 1500 Griechen an.
Der Sparkurs, den die Troika aus Internationalem Währungsfonds, Weltbank und EU-Kommission dem Land vorschreibt, führt auch zu Skurrilitäten: Ende Dezember demonstrierten die Leichenbestatter gegen die Sparmaßnahmen. Ihre Leichenwagen gelten nämlich nach den neuen griechischen Steuerregelungen als Luxuswagen, wodurch die jährliche Kfz-Steuer von 98 auf 1100 Euro stieg.
Ungarn
:: Im Juni 2011 wollte die Gewerkschaft gegen die Pensionsreform streiken. Bis heute fehlt ihnen dazu die gerichtliche Erlaubnis. In Ungarn regiert nicht nur der Sparstift, die Alleinregierung des Rechtspopulisten Viktor Orbán beschneidet auch elementare demokratische Rechte. Streiks sind seit kurzem nur gestattet, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich auf ein Mindestmaß an Leistungen einigen, die die Streikenden aufrechterhalten müssen. Gibt es keine Einigung, entscheidet das Arbeitsgericht. Darauf warten die ungarischen Gewerkschafter seit fast zehn Monaten.
Als Erstes hat Orbán in den staatlichen Medien durch Massenentlassungen dafür gesorgt, dass kritische Journalisten dort nichts mehr zu sagen haben. Danach hat er den Arbeitsmarkt umgekrempelt. Gewerkschaften wurden weitgehend entmachtet, Arbeitslosengeld gibt es statt 270 nur mehr 90 Tage lang, und der Kündigungsschutz wurde gelockert. Proteste der Gewerkschaft verbot die Polizei mit der Begründung, die Kundgebungen würden den Straßenverkehr behindern.
Besonders hart trifft Orbáns Politik soziale Minderheiten: Wer obdachlos und ohne Meldeadresse ist, verliert auch seine Krankenversicherung. Wer als Obdachloser von der Polizei beim Schlafen auf der Straße erwischt wird, muss zwischen 340 und 550 Euro Strafe bezahlen. Hat er das Geld nicht, droht eine Gefängnisstrafe.
Irland
:: Die nationale Gasfirma, die Fluglinie Aer Lingus und andere Staatsbetriebe stehen auf der kürzlich präsentierten Privatisierungsliste der irischen Regierung. Auch das staatliche Forstunternehmen Coilette, das zehn Prozent der Landesfläche besitzt, soll zum Teil unter den Hammer. Drei Milliarden Euro erhofft sich die Regierung aus dem Paket, eine davon darf Irland in die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit investieren, der Rest fließt in den Schuldendienst.
Schon 2010 hat Irland das Sozialbudget um 2,8 Milliarden Euro gekürzt. Die Iren erhalten seitdem weniger Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Kindergeld. Der öffentliche Dienst verlor 25.000 Stellen. Wer Staatsdiener bleiben durfte, bekommt erheblich weniger Lohn. Angestellten in Privatunternehmen geht es nicht viel besser: Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn sank um einen Euro auf 7,65 Euro pro Stunde.
Belgien
:: Der Mitgliedsbeitrag für den Golfklub darf künftig nicht mehr von der Steuer abgesetzt werden. Der sozialistische Premierminister Elio Di Rupo spart in Belgien von ganz oben bis ganz unten. Die reichen Golfer stemmen das 11,3 Milliarden Euro schwere Sparpaket, das Belgien sich auferlegt hat, aber nicht alleine. Raucher zahlen künftig zehn Cent mehr pro Zigarettenpackung, die belgische Bahn bekommt vom Staat 400 Millionen Euro weniger zur Verfügung gestellt, die Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit werden gekürzt und auch der öffentliche Dienst muss in Zukunft mit 200 Millionen Euro weniger auskommen.
Italien
:: Nach Bunga-Bunga-Berlusconi hat „Super-Mario“ Monti das Land politisch stabilisiert. Wirtschaftlich steht Italien aber weiterhin nahe am Abgrund. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 9,3 Prozent, von den Jungen hat beinahe jeder Dritte keinen Job.
Im Kampf gegen das hohe Budgetdefizit – die Staatsverschuldung lag zuletzt bei 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – erhöhte der von Brüssel als Regierungschef eingesetzte frühere EU-Kommissar Monti das Pensionsantrittsalter bis 2026 von 65 auf 67 Jahre, Pensionsantritt ist nach 42 und nicht mehr nach 40 Arbeitsjahren.
Auch der rigide Kündigungsschutz soll bald Geschichte sein. Bisher war es Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten kaum möglich, Angestellte zu kündigen. Allerdings fällt nur ein kleiner Teil der 23 Millionen Beschäftigten unter diese Regelung. Wird ein Arbeitnehmer zu Unrecht entlassen, soll er zwar weiterhin Anspruch auf eine Entschädigung haben, aber nicht mehr auf Wiederanstellung.
Für die Budgetsanierung kommen auch in Italien die Beamten und die Pensionisten auf: Die Gehälter im öffentlichen Dienst und die Pensionen wurden in den vergangenen drei Jahren nicht an die Inflation angepasst. Außerdem hat der Regierungschef die Städte und Gemeinden aufgefordert, kommunale Unternehmen zu privatisieren und Grundstücke und Gebäude zu verkaufen.
Ganz ungeschoren kommen die Reichen in Italien nicht davon. So wurden Steuerfahnder gezielt in den Nobelskiort Cortina d’Ampezzo geschickt, um dort die Steuererklärungen von Besitzern von Ferraris und anderen Nobelgefährten zu kontrollieren.
Rumänien
:: Lange hat es gedauert, bis sich in Europas Armenhaus Protest regte. Seit 2009 fährt das Land einen rigiden Spar- und Privatisierungskurs. Die öffentlichen Gehälter und die Pensionen sind eingefroren, mehr als 200.000 Beamte haben ihren Job verloren. Bereits 2009 hat der Staat die Unterstützung für Arbeitslose um 15 Prozent gekürzt, ein Jahr später mussten alle Schulen mit weniger als 200 Schülern und alle Kindergärten mit weniger als 100 Kindern schließen. Mittlerweile sind 41 Prozent der Rumänen laut EU-Statistikamt Eurostat armutsgefährdet. Von denen, die einen Job haben, gelten 18 Prozent als Working Poor.
Seit die Umsatzsteuer von 19 auf 24 Prozent erhöht wurde, können sich viele Rumänen kaum mehr die nötigsten Grundnahrungsmittel leisten. Als der konservative Premierminister Emil Boc auch noch den Rettungsdienst privatisieren wollte, platzte den Rumänen der Kragen. Nach wochenlangen Protesten und Demonstrationen trat Boc Anfang Februar zurück.
Großbritannien
:: Der Bobby kann sich bald beim Sicherheitsdienst bewerben. Zumindest in Mittelengland sollen Polizeiaufgaben wie Patrouille, Bewachung oder das Auswerten von Polizeivideos aus Kostengründen privatisiert werden.
Auch sonst setzt der konservative Premier David Cameron im Kampf gegen die Krise auf Privatisierung: Krankenhausabteilungen und ganze Spitäler sollen bald von privaten Firmen betrieben werden, Bauunternehmen sollen Autobahnen und Fernstraßen vom Staat übernehmen und dafür Maut kassieren dürfen. Die Budgets der einzelnen Ministerien wurden um durchschnittlich 19 Prozent gekürzt, die Gehälter für Angestellte im öffentlichen Sektor für zwei Jahre eingefroren. Vergangenes Jahr strich der Staat 270.000 Stellen im öffentlichen Dienst, davon 71.000 im Bildungs- und 31.000 im Gesundheitsbereich. Nur die Reichen dürfen feiern: Der Spitzensteuersatz für Großverdiener wurde von 50 auf 45 Prozent gesenkt.
Deutschland
:: Es war ein Monstersparpaket, das Deutschland 2010 verabschiedete: 80 Milliarden Euro lautete das Einsparungsziel. Wie viel Geld das ist, bekamen die Bezieher der staatlichen Sozialhilfe Hartz IV besonders zu spüren. Ihnen strich die Regierung die Zuzahlung zu den Pensionsbeiträgen und 300 Euro Elterngeld. Das bekamen Hartz-IV-Eltern früher bis 14 Monate nach der Geburt zusätzlich zur staatlichen Unterstützung von 359 Euro ausbezahlt. Wer Wohngeld bezieht, kriegt keinen Heizkostenzuschuss mehr. 7,3 Millionen Deutsche leben von „Minijobs“ mit 400 Euro Entlohnung. Zu den derzeit 5,4 Prozent Arbeitslosen werden bald noch einige dazukommen: Ausgerechnet die Bundesagentur für Arbeit streicht nun 10.000 Stellen.
Besonders stark ist der Zwang zum Sparen in den Kommunen, die zusammen mit etwa 130 Milliarden Euro verschuldet sind. In Sachsen wurde das Projekt „kostenfreies Vorschuljahr“ nach nur einem Jahr aus Spargründen eingestellt, in Berlin werden Dutzende Jugendzentren zugesperrt.
Im Problembezirk Neukölln müssen Langzeitarbeitslose Schulen bewachen, weil sich der Bezirk den privaten Sicherheitsdienst nicht mehr leisten kann. Der dafür extra geschaffene Ein-Euro-Job für Hartz-IV-Bezieher wird vom Jobcenter Neukölln als „Weiterbildungsmaßnahme Personenschützer“ finanziert.
Portugal
:: Wenn das Geld knapp wird, vergeht einem die Feierlaune. Gleich vier nationale Feiertage strich die konservative portugiesische Regierung aus Spargründen. Die Höchstgrenze für das Arbeitslosengeld wird um 200 Euro auf 1048 Euro gesenkt und die Bezugsdauer ebenfalls gekürzt. Staatsbedienstete, die mehr als 1000 Euro verdienen, brauchen bis 2014 auf ihr Urlaubs- und Weihnachtsgeld erst gar nicht zu warten, auch für Überstunden gibt es weniger Bares.
Damit ein bisschen Geld in die Kasse kommt, hat der Staat große Teile des portugiesischen Strom- und Gasnetzes sowie des nationalen Stromerzeugers Redes Energéticas Nacionais an China und den Oman verkauft.
Auch die Portugiesen, vor allem die gut ausgebildeten, treibt die Krise auf dem Arbeitsmarkt in die Ferne. Wer kann, wandert in die ehemaligen Kolonien in Afrika und Lateinamerika aus, in der Hoffnung, dort eine Beschäftigung zu finden. Zwischen Mitte 2010 und Mitte 2011 stieg die Zahl der Portugiesen, die sich eine Arbeitsgenehmigung für Brasilien besorgten, von 52.000 auf 328.860 Personen.
Niederlande
:: Kultur ist der christlich-konservativen holländischen Regierung, die mit Duldung des Rechtspopulisten Geert Wilders das Land führt, kein besonderes Anliegen. 18 Milliarden Euro möchte das Land in den kommenden Jahren einsparen. Das ohnehin mit nur 800 Millionen Euro spärliche Kulturbudget wurde bereits um ein Viertel gekürzt, die vergünstigten Steuern auf Eintrittskarten für Musik- und Theaterveranstaltungen gestrichen, was zu massiven Preisanstiegen bei Kulturveranstaltungen führte. Das Nationalballett und die staatlichen Museen bekommen ebenfalls weniger Geld.
Auch abseits der Kultur reagiert der Staat auf die Krise: Die Höhe der Pensionen ist künftig an die Börsenentwicklung gekoppelt, das Pensionsantrittsalter beträgt statt 65 nun 66 Jahre. Das Budget für Entwicklungszusammenarbeit kürzte die ehemalige Kolonialmacht um eine Milliarde Euro. Der konservative Ministerpräsident Mark Rutte würde auch gerne das Arbeitslosengeld kürzen und den Kündigungsschutz lockern, dagegen wehrt sich aber der Rechtspopulist Wilders.
Lettland
:: Der kleine „baltische Tiger“ war eines der ersten Länder, das strauchelte. Bereits Ende 2008 stand das Land kurz vor dem Bankrott. Das Sanierungsprogramm, das das Land als Gegenleistung für die geborgten Milliarden von IWF und EU-Kommission durchzog, traf vor allem die Bezieher niedriger Einkommen. Die Zahl der Staatsangestellten sank um 30.000 Personen. Wer blieb, bekam nur mehr 40 Prozent seines früheren Gehalts auf das Konto. Der Mindestlohn wurde auf 200 Euro gesenkt. Zwei Drittel aller Spitäler sperrten zu, zusätzlich schickte der Staat etwa 4000 Lehrer in die Arbeitslosigkeit.
Der lettischen Regierung gelang es zwar, die Arbeitslosigkeit von 18,2 Prozent im Jahr 2010 auf 14,7 Prozent im Jahr darauf zu senken. Allerdings zu einem hohen Preis: Wer konnte, rettete sich ins Ausland. In den vergangenen fünf Krisenjahren verlor Lettland hunderttausende qualifizierte Arbeitskräfte.

>Kampf zwischen Mensch und Programm

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Kampf zwischen Mensch und Programm 

Der Philosoph Vilem Flusser untersuchte, wie der Umgang mit der Kamera unser Denken beeinflusst. In seinem Text „Die Geste des Fotografierens“ beschreibt er den Tanz des Fotografen um sein Motiv als Suche nach einem philosophischen Standpunkt. Als stärksten Gegner des Fotografen sah Flusser nicht die Kamera selbst, sondern das Programm, das in ihr steckt.

Flusser schrieb seinen Essay in den 1980er Jahren und er starb 1991, also lange bevor die Digitalfotografie größere Verbreitung fand. Deshalb lohnt es sich besonders, diesen Text zu lesen und zu prüfen, ob sich seither die Geste des Fotografierens, also die Beziehungen zwischen Fotograf, Kamera und Motiv, geändert hat.

In seinem Essay beschreibt Flusser, wie ein Fotograf sein Motiv – einen Pfeife rauchenden Mann – umkreist. Er unterscheidet dabei drei Aspekte der fotografischen Geste, die nicht in aufeinanderfolgenden Phasen, sondern in wechselseitigem Spiel ablaufen, während der Fotograf sich mit seinem Gerät durch Raum und Zeit bewegt: „Ein erster Aspekt ist die Suche nach einem Standort, nach einer Position, von der aus die Situation zu betrachten ist. Einen zweiten Aspekt bildet die Manipulation der Situation, um sie dem gewählten Standort anzupassen. Der dritte Aspekt betrifft die kritische Distanz, die den Erfolg oder das Scheitern dieser Anpassung zu sehen gestattet.“

Drei wichtige Erfindungen 

Diese drei Aspekte werden durch drei technische Entwicklungen berührt, durch die sich die Arbeit mit Digitalkameras von der mit analogen Geräten unterscheidet: Die mögliche Echtzeitvorschau (Live View) auf das Motiv, die Option zur Aufnahme digitaler latenter Bilder in Form von RAW-Dateien oder Datenbeständen aus der Lichtfelderfassung und schließlich die Möglichkeit, in ein und demselben Apparat zwischen Einzelbildaufnahme und Videokamerabetrieb umschalten zu können.

Schon die Körperhaltung beim Fotografieren ist heute anders als zu Lebzeiten Flussers. Die meisten Menschen halten ihre Fotoapparate oder Smartphones zur Wahl des Bildausschnitts nicht mehr ans Auge, sondern vor sich hin, vom Körper weg. Das schafft Distanz zum Apparat, der damit Teil der Szenerie wird und gleichzeitig auf seinem Bildschirm vorführt, wie sein Programm diese interpretiert. Die Einheit von Fotograf und Apparat, die Flusser in seinem Aufsatz beschreibt, wird damit gelockert.

Manipulation der Realität 

Die Echtzeitvorschau auf dem Display der Digitalkamera gibt dem Fotografen mehr Freiheitsgrade und mehr Kontrolle bei seiner Suche nach dem Standort, die für Flusser auch die nach einer philosophischen Position ist: „Die Geste des Fotografen ist eine philosophische Geste, oder anders gesagt: Seit die Fotografie erfunden wurde, ist es möglich geworden, nicht bloß im Medium der Wörter, sondern auch der Fotografien zu philosophieren.“

Die Liveaufbereitung des Bildes schiebt sich zwischen das Motiv und den Fotografen, der durch seine Aktionen und seine schiere Anwesenheit nun nicht mehr nur seine Umgebung manipuliert, sondern auch deren permanent laufende Übersetzung in die digitale Bildverarbeitung. Der Fotograf kann nun also die Kamera dabei beobachten, wie sie die Welt interpretiert. Ob damit seine kritische Distanz zur Umgebung zunimmt, sei dahingestellt, komplexer werden die Beziehungen zwischen Fotograf und Motiv dadurch auf jeden Fall. Der




Realitätspuffer

Dazu kommt, dass die Fotografie ein mehrstufiger Prozess ist: Auf die Aufnahme vor Ort folgt die Auswahl der gelungenen Bilder. Zu Flussers Lebzeiten stellte der Fotograf vom Negativfilm einen Kontaktbogen her, eine Übersicht aller Bilder eines entwickelten Films auf einem Blatt Fotopapier. Darauf konnte er aus den angefertigten Aufnahmen die passendste aussuchen und entscheiden, wie er bei der weiteren Arbeit in der Dunkelkammer vorgehen sollte.

In der analogen Fotografie fungiert der Kontaktbogen als Pufferspeicher für den erfassten Vorrat an Informationen, aus dem heraus der Fotograf dann gezielt auswählt und ein neues Bild konstruiert. Dieser Realitätspuffer ist auch aus ökonomischer Sicht sehr wichtig. Je umfangreicher er ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Fotograf seinen Kunden und seinem Publikum ein passendes Bild liefern kann.

Erweiterter Speicher 

Mit Einführung der digitalen Fotografie wurde der Realitätspuffer gewaltig erweitert. Statt sich auf 36 Aufnahmen pro Kleinbildfilmpatrone beschränken zu müssen, kann der Fotograf heute auf einer billigen Speicherkarte Hunderte Bilddateien speichern. Nimmt er diese Bilder in einem Rohdatenformat auf, gibt ihm das in der Nachbearbeitung große Flexibilität. Neue Verfahren wie die Lichtfeldfotografie, die kürzlich von dem US-Unternehmen Lytro vorgestellt wurde, erlauben ihm sogar, die Schärfeebene im Bild nachträglich festzulegen.

Während Rohdatenformat und Lichtfelderfassung dem Fotografen mehr Kontrolle bei der Rekonstruktion der Aufnahme einer bestimmten Situation verleihen, geben ihm die hochauflösenden Videofunktionen seiner Kamera die Möglichkeit, einzelne Bilder aus dem erfassten zeitlichen Ablauf herauszulösen. Der Ausschnitt aus der Raumzeit, in der Flussers Fotograf seine Gesten vollführt, wird mit diesen Techniken in zunehmend hoher Präzision und Weite aus der Realität in den Pufferspeicher übertragen.




Der entscheidende Moment

Mit Umfang und Qualität des Realitätspuffers verlagert sich die Arbeit des Fotografen zunehmend in die Nachbearbeitung. Der „entscheidende Augenblick“ kann nicht mehr nur durch geschickte Bewegung des Körpers in der realen Situation erfasst, sondern auch durch Auswahl am Rechner aus dem Puffer sehr schnell und einfach rekonstruiert werden.

Diese Übergänge in den einzelnen Aspekten der fotografischen Geste von den analogen hin zu den digitalen Systemen nehmen sich weniger abrupt aus, als man vermuten würde, sie haben vielmehr einen fein abgestuften Charakter, ihre Entwicklungstendenzen sind bereits in der Erfindungsgeschichte fotografischer Systeme angelegt. In Summe jedoch schlagen diese Änderungen in eine neue Qualität um, die, folgt man Flusser, in der Praxis neue Perspektiven auf die Realität und damit auf Lebenswelt und Denken der Anwender haben wird.




Herrschaft und Vernetzung

Potenziert wird das noch durch die Möglichkeit der digitalen Vernetzung. Flusser träumte davon, dass es eine basisdemokratische Bildkommunikation gleichberechtigter Menschen über ein freies Netz geben würde, die den unterdrückerischen Tendenzen zentralistisch organisierter Medien entgegenwirken könnte. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass diese Zeiten heute schon angebrochen sind.

Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass sich sowohl Plattformen wie Flickr und Facebook als auch die physische Ebene der Netzwerke in den Händen einiger weniger Personen und Unternehmen befinden. Dateiformate für Einzel- und Bewegtbilder sind – mit Ausnahmen – ebenso proprietär wie die Verfahren zur Herstellung fotografischer Geräte sowie die Software zur Nachbearbeitung.

Vom Jäger zum Sammler 

In seinem 1983 erschienenen Buch „Für eine Philosophie der Fotografie“ führt Flusser die Bewegung des Fotografen durch Raum und Zeit auf das archaische Bild des „paläolithischen Jägers“ zurück, der „sein Wild nicht im offenen Grasland, sondern im Dickicht der Kulturobjekte“ verfolgt habe. So gesehen sind die Digitalfotografen in erster Linie nicht mehr nur Jäger, sondern vor allem Sammler.

Man könnte sagen, dass sie sesshaft werden, in einem Datenraum, dessen Grenzen von den gewählten Dateiformaten und Nachbearbeitungsprogrammen definiert sind. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn Flusser nicht die Freiheit des Fotografen sowohl an dessen Verbundenheit mit dem Apparat als auch an der Beweglichkeit dieser Einheit in Raum und Zeit festgemacht hätte: „In der fotografischen Geste wird der menschliche Körper derart mit dem Apparat zusammengeschweißt, dass es nahezu sinnlos ist, einem von beiden eine besondere Funktion zuweisen zu wollen. (…) Der Fotograf ist frei, und das nicht trotz, sondern wegen der zeitlichen Determination des Apparats.“

Hier stellt sich die Frage, ob ein still vor dem Rechner sitzender Fotograf eine ähnlich innige Verbindung mit den Werkzeugen der digitalen Nachbearbeitung eingehen wird können wie mit einer Kamera. Die Bedienung von Tablet-Rechnern mit Multitouch-Gesten ist sicher ein Schritt in diese Richtung, aber gerade hinter einfachen Oberflächen stecken in der Regel jene starken Programme, vor deren Übermacht Flusser immer gewarnt hat.

Überwindung des Programms

Flusser unterscheidet zwischen Knipsern, die dem vordefinierten Programm des Apparats folgen, und echten Fotografen, die das Programm verstehen und es kreativ überwinden können. Aufgrund der zunehmenden Komplexität der eingesetzten technischen Systeme und deren geschlossenem Charakter ist es heute ungleich schwerer als noch zu Flussers Lebzeiten, ein echter Fotograf zu werden. Vielleicht muss der Fotograf heute ein Hacker sein, alternative Programme für Kameras und Computer finden oder schreiben, für digitale Aufklärung sorgen.

Solche freien Fotografen wird die Gesellschaft brauchen, wenn es das neue gemeinsame Denken über den bedeutungsvollen Austausch von Bildern über ein dezentrales Netzwerk geben soll, den Flusser herbeigesehnt hat. Für ihn bot nur diese herrschaftsfreie Kommunikation die Chance, den lähmenden Einfluss zentralistischer Mediensysteme zu brechen. Die Freiheit des Fotografen im Netz ist damit die Freiheit aller.

Günter Hack, ORF.at

Links:

Literatur: Der Essay „Die Geste des Fotografierens“ findet sich unter anderem in dem Einführungsband „Absolute Vilem Flusser“, herausgegeben von Nils Röller und Silvia Wagnermaier, Freiburg, 2009. „Für eine Philosophie der Fotografie“ ist im Verlag European Photography erschienen.